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Panama

Das Drehkreuz der Welt
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Autorin

Magdalena Ostojic

Ihre erste Reise trat sie mit elf Monaten an: In einem mintgrünen Ford Taunus quer durch das ehemalige Jugoslawien. Magdalena Ostojic studierte Journalismus an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und arbeitete als Redaktorin für Viva Schweiz, Ron Orp und die Jungfrau Zeitung. Den Kugelschreiber wechselte sie auch schon mit der Uniform — und empfing als Reiseleiterin Gäste in der Dominikanischen Republik, auf den Malediven und in Mexiko.

Im Einbaum durch den Dschungel gleiten, auf der Dachterrasse Salsa tanzen und bei einem Glas Prosecco dem Treiben auf der zweitwichtigsten Wasserstrasse der Welt zuschauen. In Panama geht das alles innerhalb von 24 Stunden.

Mit einer Hand halte ich mich an der umgehängten Kamera fest, mit der anderen an einem Ast, um nicht barfuss im Schlamm auszurutschen. Während ich mich zögerlich vorwärtsbewege, huscht Guillermo flink wie ein Wiesel auf die Böschung vor uns. «Wir sind fast da», sagt er. Der Nationalpark Chagres ist das pure Kontrastprogramm zu Panama City. Zu den dollarnotenblassen Wolkenkratzern mit Infinity Pools und Bars auf den Dächern. Zur Blechlawine, die täglich zur Hauptverkehrszeit über die Strassen donnert. Hier im Naturschutzgebiet gibt es Bäume so gross wie Dinosaurier, süsslich duftende Coryanthes-Orchideen und Himmelsfalter, die mit ihren lichtblauen Riesenflügeln wie fliegende Farbkleckse aussehen.

Wir erklimmen die Böschung und sind mit Guillermo auf Augenhöhe. Er gehört zu den Emberá-Indianern, die als einzige von insgesamt sieben indigenen Bevölkerungsgruppen Panamas Touristen empfangen. Plötzlich ertönt ein Kreischen aus dem dicht bewachsenen Grün, das uns umgibt. Etwa zwölf Meter über uns schaukeln zwei Kapuzineräffchen auf einem Ast. «Sie sind neugierig und beobachten uns», erklärt Guillermo. Wir folgen ihm immer tiefer in den Dschungel hinein, über feuchte Erde, spitze Steine und weiches Moos. Hinter einem Felsvorsprung offenbart sich uns ein Eldorado: Wie aus dem Nichts plätschert ein glitzernder Wasserfall in ein natürliches Becken. Nur zu gerne würde ich ein Bad nehmen, aber er will zum Flussufer und unserer Reisegruppe sein Dorf zeigen, bevor der Regen kommt.

Im Einbaum nehmen wir die Plätze ein, während Guillermo sich mit einem Stock, der ihm als Ruder dient, zuvorderst platziert. Sein Freund Emilio steht hinten beim Motor und gibt ihm ein Zeichen. Wir tuckern über das Wasser, die malerische Landschaft rundherum verleitet zum Träumen. Und während ich meinen Gedanken nachhänge, erblicke ich auf einmal – in sicherer Distanz – ein Augenpaar im Wasser. «Ein Krokodil», informiert uns Emilio eher beiläufig. Der Río Chagres ist bedeutend für den Urwald und das Leben der Emberá, aber auch für ganz Panama. Vor mehreren Hundert Jahren schifften die Konquistadoren das gestohlene Gold aus Peru via Chagres und Atlantik nach Spanien. Heute ist es der Panamakanal, der das Land zum Drehkreuz der Welt macht, werden doch fast sechs Prozent des internationalen Warenverkehrs über ihn abgewickelt. Zwischen 2007 und 2016 wurde das Meisterwerk der Technik ausgebaut und soll künftig über drei Milliarden Dollar pro Jahr in die Staatskassen spülen. Zum Vergleich: Vor dem Ausbau konnten Frachtschiffe mit einer Ladung von maximal 4400 Containern die Schleusen passieren. Heute sind es Schiffe mit bis zu 13’000 Containern. Mit modernsten Verfahren regelt die Kanalverwaltung den Schiffsverkehr rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Von der Terrasse des Miraflores-Besucherzentrums lässt sich mitverfolgen, wie die Schiffe von der Atlantik auf die Pazifikseite geschleust werden und umgekehrt. Das Ganze geht auch wunderbar mit einem Glas Prosecco in der Hand – im Restaurant auf dem Dach.

Hier im Dschungel, keine zwei Autostunden von Panama City entfernt, könnte man von einem Cüpli allerdings nicht weiter weg sein. Wir erreichen das Ufer vor Guillermos Dorf, wo uns die Frauen empfangen. Sie tragen Wickelröcke und Chaquiras, perlenbestickte und münzenbesetzte Oberteile, die sie einst ihren Töchtern als Mitgift überreichen werden. Die Damen führen uns in eine auf Stelzen gebaute Hütte. Just in diesem Moment setzt der Regen ein. Nicht irgendein Regen. Richtiger Urwaldregen; kurz und intensiv, mit gefühlt faustgrossen Tropfen. Eine herrliche Szene. Die junge Emberá Yari erklärt uns, weshalb die Palmdächer dem Regen so gut standhalten. Das Geheimnis liegt darin, das Innere der Hütte ausreichend zu räuchern, was durch das Kochen garantiert ist. Von ihren Kochkünsten dürfen wir uns selbst überzeugen: Es gibt köstlichen Fisch und frittierte Kochbananen im Palmenblatt.

Die Emberá versuchen, so viel wie möglich von ihrer Kultur zu bewahren. Viele Traditionen sind aber auch verloren gegangen, seit 1984 das Chagres-Gebiet zum Nationalpark erklärt wurde und sie nicht mehr überall jagen und fischen dürfen. Vor allem die jüngere Generation führt heute oftmals nur noch am Wochenende ein Emberá-Dasein. Der Nachwuchs wird in den Dörfern von Lehrpersonen aus Panama City unterrichtet; in allen Fächern ausser Informatik. «Wer braucht schon Computer im Urwald», scherzt Yari. Sie führt uns ins Gemeinschaftshaus, wo die Männer musizieren und Kunsthandwerk feilbieten. Wir schlendern von Tisch zu Tisch, ich lasse mir von einem Mädchen ein temporäres Tattoo malen. Dazu benutzt sie den Saft der Jenipapo-Frucht, der eine ähnliche Wirkungsweise auf der Haut hat wie Henna. Als wir uns verabschieden und in den Einbaum steigen, setzt er wieder ein, der Urwaldregen. Mein Tattoo zerläuft. Stunden später, zurück in Panama City, stehe ich auf der Dachterrasse des Hard Rock Hotels. Oben funkeln die Sterne, unten die Lichter der Metropole. Die Altstadt Casco Viejo mit ihren alten Herrenhäusern koexistiert mit den modernen Wolkenkratzern und untermalt die allgegenwärtigen Gegensätze. Am Morgen watete ich noch barfuss durch den Dschungel – jetzt stecke ich in luftiger Höhe in Salsa-Schuhen. Die Stimme von Panamas Megastar Rubén Blades ertönt aus dem Lautsprecher, erste Paare schreiten auf die Tanzfläche. Der Kinderbuchautor Janosch hatte Recht. Schön ist es, dieses Panama.

Text: Magdalena Ostojic
Fotos: Magdalena Ostojic, DER Touristik Suisse AG