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Nach einem 13 Stunden Flug, der Besichtigung von Santiago de Chile im Schnelldurchlauf und einem weiteren Inlandsflug am nächsten Morgen haben wir endlich das Gefühl, in Südamerika angekommen zu sein. San Pedro de Atacama liegt zwischen der Wüste und den Anden und bietet Spektakuläres, wohin man schaut. Die Sanddünen des Valle de la Luna in der Region Antofagasta begeistern ebenso wie die Geysire von El Tatio, deren warmes Thermalwasser am kalten Morgen sehr willkommen ist. Spätestens bei der Sichtung der ersten Vicuñas (gehört neben dem Alpaka zur Familie der Kamele) und Lamas habe ich mich in Chile verliebt.
Doch es gibt noch viel mehr zu sehen und so brechen wir auf ins Hochland von Bolivien. An der Grenze, auf gut 4’000 Meter mitten im Nirgendwo, treffen wir die Fahrer unserer Geländewagen, die uns die nächsten drei Tage durch das Altiplano und die Salzwüste von Uyuni begleiten werden. Kaum haben wir den Nationalpark betreten, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr raus: Zwischen schneebedeckten Bergen reiht sich eine kristallklare Lagune an die andere, Landschaften in allen Formen und Farben erstrecken sich vor unseren Augen und hier und da blubbern schweflige Schlammquellen. Andere Menschen trifft man höchst selten und in all dieser Weite fühlt man sich vor allem eines: Winzig. Ob vor den riesigen Lagunen mit den tausenden Flamingos, der weissen Ebene der Uyuni, die in alle Richtungen endlos erscheint, oder neben den Riesenkakteen auf der Insel Incahuasi. Hier ist die Natur selbst die Attraktion und ich vermisse die Zivilisation, die gerade ganz weit weg scheint, definitiv nicht.
Viel zu schnell gehen diese Tage vorbei. Gleichzeitig habe ich das Gefühl schon eine Ewigkeit hier zu sein als wir die bolivische Verwaltungshauptstadt La Paz erreichen. Die Millionenstadt, die sich wie ein Ertrinkender an die Berghänge zu klammern scheint, ist das genaue Gegenteil der Stille und Unberührtheit des Altiplanos, aber nicht weniger spannend. Mein Highlight: Mit der Seilbahn über die Stadt hinweggleiten und alles einfach einmal auf sich wirken lassen.
Am Titicacasee, an der Grenze zwischen Bolivien und Peru, treffen wir dann auf die ersten Spuren der Inkazeit mit ihren beeindruckenden Ruinen. Die aktuellen Ereignisse dort sind jedoch viel spannender, denn zu diesem Zeitpunkt ist ein Teil der Isla del Sol seit eineinhalb Jahren für Touristen aufgrund eines Streits zwischen den Dorfgemeinschaften, die vom Tourismus profitieren wollen und jenen, die ihre traditionelle Lebensweise zu schützen versuchen, gesperrt. Tourismus gegen Tradition – eine Diskussion, bei der es kein richtig oder falsch gibt. Ich stelle fest, dass ich beide Seiten verstehen kann und hoffe, dass die Gemeinschaften auf dieser kleinen Insel irgendwann ihren Kompromiss finden können.
Letztes Ziel der Reise: Machu Picchu. Der Ort, an den ich vermutlich die grössten Erwartungen hatte. Die Bahnfahrt von Ollantaytambo um 4.30 Uhr beginnt für meinen Geschmack viel zu früh, doch spätestens im Shuttle-Bus, der sich die zahllosen Serpentinen nach Machu Picchu hinaufschlängelt, überwiegt dann die Vorfreude. Schon hier fallen die Menschenmassen auf, die sich in den im Minutentakt abfahrenden Bussen und am Eingang drängen. So kommt es dann auch, dass ich gegen sieben Uhr in Machu Picchu stehe und – dank dem Morgennebel – nichts als Menschen vor einer grauen Wand sehe.
Ein wenig ernüchtert schieben wir uns mit all den anderen die schmalen Pfade hinauf und wünschen uns schon fast die Einsamkeit Boliviens zurück. Doch wir haben Glück: Der Nebel lichtet sich und Machu Picchu zeigt sich in seiner ganzen Pracht und hält uns die nächsten Stunden gefangen. Wann die schönen, bis auf ein Lama leeren Bilder für die Broschüren geschossen werden, frage ich mich aber immer noch. Denn die Menschenmassen begleiten uns bis wir am Abend müde, aber glücklich im Zug zurück nach Cusco sitzen.
Text & Bilder: Sina Bauer
Erstveröffentlichung: 09. Januar 2019