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Die Bewohner der kroatischen Insel pflegen ihre Natur, ihre Tradition und ihre Küche. In 24 Stunden probiere ich Rotwein mit Ziegenmilch, finde mit dem Velo meinen Traumstrand und mache eine Fährfahrt aufs Festland. Brač ist ein Kontinent für sich.
Ich öffne das Fenster, vor mir glänzt das adriatische Meer, glatt wie ein Spiegel. «Bonaca», kroatisch für Flaute, ist typisch an Sommervormittagen wie diesem. Unten auf der Promenade sind einige wenige Dorfbewohner, die Fischer sind schon lange zurück und haben ihre Boote am Hafen angelegt. Es scheint, als ob Bonaca ihr Charaktermerkmal ans Ufer geschwemmt und auf die Insulaner übertragen hätte: Die Leute wirken entspannt und ausgeglichen. Ich lasse mich von diesem Gefühl anstecken und ziehe mich gemächlich an, um im Gartenrestaurant etwas zu trinken und Zeitung zu lesen. Der Kellner sieht mich schon kommen und begrüsst mich mit «Dobro jutro», guten Morgen. Ohne auf meine Bestellung zu warten, bringt er mir einen Cappuccino und ein Glas Wasser.
Im kleinen Fischerdorf Postira, auf der Nordseite der Insel Brač, hat die Freundlichkeit der Einheimischen etwas Heiteres, Ansteckendes. Die 1500 Einwohner blieben verschont vom Massentourismus, von lauten Kneipen und Pubs — hier feiert man das Leben und die Tradition. So wie es zu Zeiten Jugoslawiens der in Postira geborene Lyriker Vladimir Nazor in seinen Gedichten tat. Die Leute sind stolz auf ihren Dichter und auf ihr Dorf, wo das Ursprüngliche und Mediterrane den Alltag prägt. Steinerne Häuser mit leuchtenden Ziegeldächern sind fast kreisförmig um die Dorfkirche angelegt, die jeden Sonntag rege besucht wird vom Kleinkind bis zum Greis. Nach der Messe geht es ins Gartenrestaurant zum obligaten Anstossen. Auf die Gesundheit, auf jemandes Verlobung, Hochzeit, Taufe — oder auf die Rückkehr eines Verwandten aus dem Ausland. Der Priester, bei dem die Leute ihre Beichten ablegen, sitzt mit ihnen am Tisch und singt mit, sobald das erste Seemannslied angestimmt wird. Erst gegen Mittag, wenn sich der Hunger meldet, gehen die meisten Gäste nach Hause. Jedenfalls war dies letzten Sonntag so, als ich bei meinem morgendlichen Cappuccino Zeuge dieser inoffiziellen Tradition wurde. Heute ist es ruhig im Gartenrestaurant. Ich beschliesse, einen Ausflug zum Strand zu machen.
Ich hole meine Badesachen und schwinge mich aufs Velo. Links oder rechts? Brač ist mit 40 Kilometern Breite und 60 Kilometern die zweitgrösste Insel Kroatiens. Heute entscheide ich mich für rechts, ohne genau zu wissen, wohin der Weg mich führt. Auf einer Naturstrasse radle ich eine gute Viertelstunde, bis vor mir ein kleiner Pinienwald auftaucht. Ich habe das Gefühl, in einem Gewürzschrank gelandet zu sein. Der Fahrtwind konfrontiert mich mit den wildesten Gerüchen. Tannen, Akazien und Agaven wechseln sich ab, ebenso Licht und Schatten. Da und dort tauchen kleine, menschenleere Strandabschnitte neben mir auf. Ich fahre immer weiter, bis ich schliesslich den Strand Lovrečina erreiche. Es sieht aus, wie in einem Naturschutzgebiet. Ein unglaubliches Bild: vorne das kristallklare Wasser und der Strand, weiter hinten schattenspendende Pinien und gleich daneben Überbleibsel einer Basilika aus der frühchristlichen Zeit. Ich breite mein Badetuch unter einem Baum aus und stürze mich ins kühle Nass. Mit durchschnittlich 25 Grad ist die Wassertemperatur im Sommer sehr angenehm. Das liegt vor allem daran, dass die Adria, im Gegensatz zu anderen Teilen des Mittelmeeres, einen hohen Salzgehalt aufweist und sich dadurch sehr schnell erwärmt.
Keine hundert Meter vom Strand entfernt entdecke ich ein kleines Restaurant. Es ist rustikal eingerichtet, mit viel Stein und Holz und wirkt schon auf den ersten Blick sehr familiär und gemütlich. Die inseltypische Gelassenheit spiegelt sich auch im Essen wider. Statt Fastfood gibt es auf Brač Slowfood — und Produkte aus Eigenanbau. Oliven, Wein, Ziegenkäse, hausgemachtes Brot sowie ein umfangreiches Fischangebot finden sich auf fast jeder Menükarte; so auch auf dieser. Der Wirt, ein rundlicher Mann mittleren Alters, erklärt den Fang des Tages und schlägt mir aus dem Stehgreif eine leichte, mediterrane Eigenkreation vor: Tintenfischsalat mit frischen Tomaten, Zwiebeln und Oliven. Dann gäbe es da noch etwas, das nicht offiziell auf der Karte sei, das ich aber unbedingt probieren müsse. Kurze Zeit später steht das Etwas vor mir auf dem Tisch: Ein typisches Bračer Getränk, das sich «Smutica» nennt. Es ist eine Mischung aus Rotwein und Ziegenmilch und wurde von der Leibgarde des römischen Kaisers Diokletian erfunden, um ihre Manneskraft zu stärken. Die bittersüsse Kombination ist interessant. Und doch fühle ich mich erfrischt und gestärkt. Danach tue ich es den Einheimischen gleich und ziehe mich zurück unter meinen Baum, um Siesta zu halten. Nur die Zikaden machen keine Pause, sie singen unbehelligt weiter, während von Norden her der Mistral mit einer leichten Brise grüsst.
Zurück im Hotel mache ich mich bereit für das Abendprogramm. Mit dem Taxi fahre ich ins gebirgige Landesinnere, nach Vidova Gora. Hier oben auf rund 800 Metern Höhe ist es um einiges kälter als im Tal. Die Vegetation ist komplett anders; endemische Gewächse erinnern mich an jene in den Schweizer Alpen. Doch der Grund für meinen Abstecher ist nicht die Botanik, sondern meine Vorliebe für die Kroatische Küche. Denn hier befindet sich das Restaurant Kopačina, welches mit seinen Lammspezialitäten zu den Besten der ganzen Insel gehört. Ich habe einen Tisch auf der Terrasse reserviert, direkt an der Klippe und perfekter Aussicht. Die Kulisse ist unglaublich: Soweit mein Auge reicht, sehe ich nur kleine olivgrüne Hügel, welche die Sonne mit ihrem orangeroten Schimmer überzieht.
Gespannt, ob das Essen wirklich so gut ist, wie die Bračer behaupten, lasse ich mir vom Kellner eine Empfehlung abgeben. Zur Vorspeise serviert er mir eine hausgemachte Brühe, dann «Vitalac» — Innereien im Lammdarm vom Spiess — und als Hauptgang wähle ich das Lamm-Menü vom heissen Stein. Die Einheimischen haben Recht. Das Essen schmeckt so gut, dass ich mich wohl ein Leben lang an den ersten Bissen erinnern werde. Wie jede Mahlzeit auf Brač zieht sich auch das Abendessen in die Länge. Der Wirt ordert zwei, drei Kräuterschnäpschen zur Verdauung und verschwindet wieder. Musiker mit Blas- und Saiteninstrumenten tauchen auf und verwandeln den Abend mit lokalen Evergreens in ein kleines Event. Ich bin so beschwingt von dieser Atmosphäre, dass ich beschliesse, nicht nach Hause zu gehen, sondern spontan nach Split zu fahren und mich ins Nachtleben zu stürzen. Der Wirt findet die Idee super und organisiert kurzerhand einen Fahrer, der mich nach Supetar bringt, von wo aus im Stundentakt Fähren aufs Festland fahren. Für 30 Kuna, das sind rund vier Franken, kaufe ich ein Billett — Sternenhimmel und Meeresrauschen inklusive.
Brač und damit das Gefühl, am Ende der Welt zu sein, verschwinden vor meinem inneren und äusseren Auge. Nach 50 Minuten auf dem Meer erreiche ich die dalmatische Hauptstadt. Ich fühle mich wie in einem anderen Land: Riesige Palmen säumen den romantisch beleuchteten Quai am Hafen, wo sich schicke Cafés, Restaurants und bis spät in die Nacht geöffnete Geschäfte aneinanderreihen. Absätze an braungebrannten Beinen klacken über die hellen Steinplatten, Verliebte sitzen händchenhaltend auf den Bänken am Ufer. Ich spaziere in die Altstadt, um mir unterwegs das Wahrzeichen Splits zumindest von Aussen anzuschauen: den von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Diokletianpalast. Jener Diokletian, dessen Leibgarde die Ziegenmilch-Weinmischung ins Leben gerufen hat. Bis zu seiner einstigen Residenz sind es keine zehn Minuten zu Fuss. Der fast 2000 Jahre alte Bau und Zeitzeuge unterschiedlichster Epochen verleiht der Altstadt mit seiner majestätischen Ausstrahlung und immenser Grösse erst ihren Charme. Ich verweile einen Augenblick vor dem Kaiserpalast und spiele mit dem Gedanken, morgen wiederzukommen.
Gleich um die Ecke gesellt sich kurze Zeit später zu meinem Vorhaben ein Glas Rotwein; einheimischer Plavac, vom Barkeeper empfohlen. Während die Live-Band spielt, spinne ich meine Gedanken weiter. Zeit habe ich genug. Die erste Fähre nach Brač fährt erst um halb fünf.
Aufgezeichnet von Magdalena Ostojić
Fotos: Pavle Pavlovic/DER Touristik Suisse AG