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Die Geschichte des Champagners ist eng mit der Geschichte Frankreichs verknüpft. Champagner, dieser Wein der edlen Geister, ist der Wein der Aufklärung, der französischen Revolution und der darauf folgenden Restauration. Champagner wurde ebenso von den Verfassern des kommunistischen Manifests wie von den Vertretern des Kapitals geschlürft. Auf den preussisch-bayerischen Vertrag, der im November 1870 unterzeichnet wurde und die Einheit Deutschlands besiegelte, kredenzte Bismarck nicht etwa einen Sekt von der Mosel, sondern stiess mit Champagner an; und dies, obwohl Frankreich Deutschland vier Monate zuvor den Krieg erklärt hatte.
Und wer hat’s erfunden? Natürlich behaupten die Franzosen, dass Champagner in Frankreich erfunden wurde. Von einem Mönch, der auf den Namen Dom Pérignon hörte. Doch, bei aller Liebe zu dem Land: In dieser Sache legen die Franzosen nicht viel Wert auf Details. Denn da steckt der Teufel drin. Und sowieso – Gott lebt in Frankreich.
Also gehen wir zurück zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Die Hauptfiguren in der Geschichte des Champagners sind englische Biertrinker, keine französischen Kellermeister. Fassweise wurde Wein aus der Champagne nach England gebracht. Meist geschah dies im Winter, so dass die Kälte manche Gärung unterbrach. Waren die Fässer dann auf der Insel angekommen, füllten die Engländer den Wein in Flaschen um und verkorkten diese mit richtigen Korken – etwas, das damals in Frankreich noch unbekannt war. Die Praxis, Flaschen komplett dicht zu verkorken, war in England längst bei Bierflaschen üblich – zur Zeit des Mönches Dom Pérignon wurden in Frankreich die Weinflaschen mit einem hanfumwickelten Holzpfropfen verschlossen. Wenn es dann Frühling und in den Pubs wärmer wurde, erwachte die Hefe aus ihrem Winterschlaf und setzte die für Champagner unentbehrliche zweite Gärung in Gang. Die Kohlensäure, welche dadurch entstand, entwich beim Entkorken mit einem kräftigen Knall – und die Engländer waren darüber very amused. Ferner reichte der Engländer Christoph Merret bereits 1662 ein Schriftstück bei der Royal Society ein, in dem beschrieben wird, wie man Wein zu einer zweiten Gärung und somit zum Schäumen bringen kann. Dom Pérignon arbeitete erst ab 1668 als Kellermeister der Abtei Hautvillers – also sechs Jahre zu spät, um den Champagner zu erfinden.
Ich hatte das grosse Vergnügen, auf den Spuren des Champagners zu wandeln. Um es gleich vorauszuschicken: Wer einen Ausflug in dieses entzückende Fleckchen Frankreichs plant, nehme sich Zeit. Zwei, drei Tage, besser noch eine Woche. Als Standort wählt man am besten Reims. Etwas exzentrisch gelegen, jedoch eindeutig die fröhlichste Ecke dieser Provinz. Besonders wenn die Tage kürzer werden, sind die Dörfchen und Städte der Region abends wie ausgestorben, Épernay, Châlons und Troyes miteinbegriffen. Reims ist eine Studentenstadt, was immer ein bisschen Leben in den Gassen garantiert.
Die französische Geschichte hat der Provinz Champagne ziemlich übel mitgespielt. Unter anderem waren die Tempelritter äusserst präsent in diesem Winkel, wo auch Charles de Gaulles begraben liegt. Ich empfehle geführte Besichtigungen, besonders in der geschichtsträchtigen Kathedrale von Reims. Es war am Weihnachtsabend des Jahres 496 oder 497 - je nach Quelle -, jedenfalls aber kurz vor Beginn des fünften nachchristlichen Jahrhunderts. Der Franken-König Clovis hatte nicht nur in blutigen Schlachten die römische Miliz besiegt, sondern auch die Alemannen und Westgoten in der Kirche von Reims zum Christentum bekehrt. Dies geschah durch den heiligen Remi, den Bischof von Reims. Mit ganz speziellem Weihwasser, welches von einer Taube von Gott gebracht wurde. Aus den ungläubigen, primitiven und räuberischen Barbaren wurden gläubige, zivilisierte Christen. Und die Champagne gleichzeitig zur Wiege Frankreichs und der späteren französischen Nation.
Es gibt, nebst Kathedrale und Champagner, viel zu entdecken. Beispielsweise ein Besuch in Renoirs Atelier in Essoyes oder den Geburtsort des Fabeldichters La Fontaine in Château-Thierry. Möchte ein Champagnerhaus besucht werden, empfiehlt es sich, seinen Besuch vorgängig anzumelden.
Wie bereits geschrieben: Im Idealfall nimmt man sich Zeit für einen Besuch der Champagne. Jedoch dauert die Zugfahrt vom Pariser Gare de Lyon aus lediglich 45 Minuten – da lohnt sich ein prickelnder Tagesausflug allemal.
Restaurant «Le Bocal»: Niemals werde ich vergessen, wie ich im Restaurant «Le Bocal» zu Mittag ass. Dieses schlichte, bodenständige Lokal ist randvoll mit Fischgeruch und Leidenschaft. Es gibt dort nur einige wenige Tische in einem kleinen Zimmer hinter dem Verkaufsladen. Die Karte ist eher klein (man wählt im Laden aus, dann wird die Wahl zubereitet). Hummer, Schnecken, Seeigel, Tintenfische und anderes Meeresgetier; Dinge welche ich vorher noch nie im Leben gesehen habe. Dazu verschiedenste Champagner im Offenausschank. Ein Erlebnis!
Relais Château de Courcelle: Mein Dinner fand im entzückenden Relais Château de Courcelle statt, in welchem auch Napoleon sich oft und gerne aufhielt. Kaum betrat ich das Anwesen, fühlte ich mich wie eine Prinzessin. Jedes Gericht harmoniert perfekt mit dem servierten Champagner. Einfach nur faszinierend!
Das Leben in der Champagne ist zuckersüss. Eine Tatsache, die vielen Champager-Liebhabern oft nicht bewusst ist. In einer Flasche Champagner der Kategorie brut, welche 95 Prozent aller Champagnerverkäufe weltweit ausmacht, sind rund drei Teelöffel Zucker erlaubt. In einer Flasche demi-sec Champagner ist sogar das Dreifache an Zucker enthalten. Champagner ist also nicht gleich Champagner. Von süss zu knochentrocken - für jeden Geschmack ist etwas dabei! Dies kommt daher, dass Champagner verschiedene Süssungsgrade hat:
«Brut nature» (Naturherb, dosage zero) enthält bis 3 Gramm Zucker pro Liter
«Extra brut» darf bis 6 Gramm Zucker pro Liter enthalten
Im «Brut» finden sich bis zu 15 Gramm pro Liter
Der «Extra dry» 12 bis 20 Gramm pro Liter
Der «Sec» 17 bis 35 Gramm pro Liter
Der «Demi-Sec» satte 33 bis 50 Gramm pro Liter
Fotos: DER Touristik Suisse AG / Relais Château de Courcelle